Mehr
Natur, Feuchtgebiete und
biologische Vielfalt
Mit der «Vision 3-Seen-Land 2050»
zeichnen fünf Umweltorganisationen ein hoffnungsvolles Bild der
landschaftlichen und landwirtschaftlichen Entwicklung in der Region. Für die
heute stark vom Ackerbau geprägten Schwemmebenen rund um die drei Jurarandseen
definieren sie Eckpunkte einer nachhaltigen Entwicklung. Gefragt ist künftig
eine standortangepasste Bewirtschaftung, welche die Ansprüche der
Landwirtschaft mit der Entwicklung neuer Naturräume, dem Schutz der
Biodiversität und einer sinnvollen touristischen Nutzung verbindet.
Das
Grosse Moos im 3-Seen-Land – landesweit bekannt als «Gemüsekammer der Schweiz»
– ist im Umbruch. Auf den degradierten Moorböden der ehemaligen Schwemmebenen rund
um Murten-, Neuenburger- und Bielersee arbeiten die Bagger auf Hochtouren, um
die in den vergangenen Jahrzehnten teils um bis zu 2 Meter abgesackten
Äcker mit Bodenabtrag von Baustellen aufzufüllen. Vielerorts hat sich der durch
weiträumige Drainagen entwässerte Torf im Lauf der Jahrzehnte stark abgebaut. Dadurch
liegen die Drainagerohre inzwischen nur noch wenig unter der Erdoberfläche und
können bei intensiven Niederschlägen die Felder nicht mehr tiefgründig entwässern.
Umgekehrt trocknen die Böden rasch aus, weil ihre Speicherfähigkeit zum
Rückhalt von Wasser stark abgenommen hat – einerseits durch den Torfschwund und
andererseits als Folge der intensiven Bewirtschaftung mit schweren
Landmaschinen. Ob völlig ausgetrocknet oder stark vernässt – beide Extreme
erschweren die Bewirtschaftung und beeinträchtigen die Bodenfruchtbarkeit.
Ein
Gang in die Sackgasse
Es
gibt Stimmen, die diesen Problemen mit künstlich aufgeschütteten Böden und
einer 3. Juragewässerkorrektion begegnen wollen. Demnach soll künftig die
öffentliche Hand für neue Drainageleitungen und eine flächendeckende
Infrastruktur zur künstlichen Bewässerung aufkommen. Anzapfen möchte man dafür
die Wasserreservoire der drei Jurarandseen und ihrer Verbindungskanäle.
Die einst ergiebigen Moorböden verlieren aufgrund ihrer Zersetzung immer weiter an Fruchtbarkeit. Damit ist die Gefahr einer abnehmenden Ertragssicherheit real. Um insbesondere den Anbau von Gemüse besser kontrollieren und saisonal verlängern zu können, verlagern die bäuerlichen Betriebe ihre Produktion vermehrt vom Acker in Gewächshäuser und Folientunnel. Deren Fläche wächst nicht nur am Rand der Siedlungen, sondern auch in der offenen Landschaft.
Hoher
Preis eines intensiven Ackerbaus
Die
bisherige Entwicklung der Landwirtschaft im 3-Seen-Land und ihre Zukunftspläne führen
jedoch in eine Sackgasse. Denn die weiträumige Zerstörung der organischen Böden
ist längst nicht die einzige Fehlentwicklung bei der Ausrichtung dieser Region
auf die Ansprüche der Intensivlandwirtschaft. Auch die verarmte Landschaft, die
ausgeräumten Naturelemente, der alarmierende Verlust an Biodiversität sowie die
kanalisierten und naturfremden Gewässer erweisen sich als gravierende
ökologische Hypotheken. Wegen hoher Belastung des Grundwassers mit Nährstoffen
und Rückständen von Pestiziden lässt sich die in der Schweiz wichtigste Ressource
für die Trinkwasserversorgung vielerorts im 3-Seen-Land nicht mehr nutzen.
Zukunftstaugliches
3-Seen-Land
Weil
das Rezept «Weiter wie bisher» keine nachhaltig tragfähige Option sein kann,
haben die fünf Umweltorganisationen BirdLife Schweiz, Pro Natura, Stiftung
Landschaftsschutz Schweiz, Schweizerischer Fischereiverband sowie der WWF Schweiz
entschieden, gemeinsam ein Zukunftsbild für die Region zu entwerfen. Die nun
vorliegende «Vision 3-Seen-Land 2050» betrachtet neben dem Seeland auch die Flussebenen
der Broye, Orbe und Aare bis zur Grenchner Witi im Grenzgebiet der Kantone Bern
und Solothurn.
Typisch für den ausgewählten Perimeter sind die ausgedehnten ehemaligen Flachmoore in den Schwemmebenen der grösseren Seezuflüsse. Sie wurden vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts grossräumig entwässert und in Kulturland umgewandelt. Diese Binnenkorrektion erfolgte derart flächendeckend, dass im Kulturland praktisch keine natürlichen Feuchtgebiete und Moorinseln mehr erhalten blieben.
Zerrbild
des Gemüsegartens
Ausserhalb
der Region wird das Image des Seelands derzeit einseitig vom Bild des nationalen
Gemüsegartens geprägt, für dessen Erhalt und Förderung – im Interesse der Selbstversorgung
und Ernährungssicherheit – alles Denkbare unternommen werden muss. Diese
Aussensicht ist verzerrt, da sie die negativen Auswirkungen der intensiven
ackerbaulichen Nutzung auf Landschaft, Böden, Klima, Gewässer, Pflanzen und Tierwelt
ausblendet. Sie ist auch blind für die Tatsache, dass der Gemüsebau im
3-Seen-Land nur rund 6 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche belegt.
Viel dominanter ist hier der Anbau von Futterpflanzen – wie insbesondere Mais –
für die Nutztierproduktion.
Gefährdung
der Produktionsgrundlagen
Indem
die landwirtschaftliche Praxis wichtige Ökosystemleistungen massiv
beeinträchtigt, gefährdet sie letztlich ihre eigene Produktionsgrundlage. Die
durch Bodenschwund, Wassermangel und Artenverluste sowie Boden-, Luft- und
Wasserverschmutzung verursachten Probleme stellen auf vielen Äckern schon heute
die Produktion von Nahrungsmitteln in Frage.
Übergeordnete Ziele wie intakte Gewässer, sauberes Trinkwasser, Klimaschutz, Förderung und Schutz der Biodiversität, Landschaftsästhetik oder touristische Anliegen lassen sich unter den gegebenen Bedingungen nicht erreichen.
Diesen Defiziten ist auch mit extrem kostspieligen technischen Bodensanierungen, neuen Drainagen und Bewässerungsleitungen nicht beizukommen. Damit betreibt man Symptombekämpfung, ohne die Ursachen der Probleme anzugehen.
Ökologie
und Landwirtschaft zusammenbringen
Die
raumgreifenden Aktivitäten der intensiven Landwirtschaft im Projektgebiet lassen
heute nur wenig Platz für anderes. Ohne eine Umverteilung von Flächen lassen
sich die ökologischen Ziele der «Vision 3-Seen-Land 2050» nicht erreichen. Doch
kann dies gelingen, ohne dadurch die einheimische Produktion gesunder
Lebensmittel oder die Einkommen der Bauernbetriebe zu gefährden? Einen gangbaren
Ausweg bietet die Verlagerung des Anbaus auf Nahrungsmittel für den
menschlichen Konsum – anstelle von Futtermitteln. Dadurch und dank dem
Vermeiden von Foodwaste vom Feld bis in die Küche verbessern sich der
Selbstversorgungsgrad und die Ernährungssicherheit. Auf diese Weise können auf
weniger Ackerfläche mehr nutzbare Lebensmittel erzeugt werden. Produziert wird künftig
auf intakten Böden – und zwar so, dass auch die Lebensraumansprüche der
regionalen Zielarten von Flora und Fauna gewahrt bleiben.
Die Interessenkonflikte zwischen Natur und Landwirtschaft sind kleiner als man meinen könnte. Langfristig hängen nämlich beide von lebendigen Landschaften, natürlichen Strukturen und Lebensräumen, gesunden Böden und sauberem Wasser ab. Es lohnt sich daher, gemeinsam an Lösungen für die Herausforderungen bei der Bewirtschaftung des Kulturlandes zu arbeiten.
Die «Vision 3-Seen-Land 2050» strebt denn auch eine ganzheitliche Lösung an. Sie soll einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen fördern, neue Formen der Landwirtschaft ermöglichen und Natur, Landschaft sowie intakten Gewässern Rechnung tragen. Dazu braucht es die Kooperation aller Betroffenen und ein gemeinsames, partizipatives Vorgehen.
Wissenschaftliche Bestandsaufnahmen
Grundlage des Projekts bilden fünf
wissenschaftlich fundierte, ausführliche Berichte zu den Themen Wasser, Boden,
Biodiversität, Landwirtschaft und Landschaft von spezialisierten Fachleuten.
Sie zeigen die Probleme in den einzelnen Bereichen und gangbare Lösungsansätze auf.
Aus diesen Teilberichten entstand in einem weiteren Schritt die Synthese der
Vision.
Schwerpunkte der Vision bilden folgende Themen: Moorböden und degradierte Flächen werden zur Revitalisierung von Flachmooren und weiteren Feuchtgebieten freigegeben. Fliessgewässer und ihre Auen sind zu renaturieren. Zusätzliche Biotope in Form von Hecken, Tümpeln, blütenreichen Lebensräumen und extensiv bewirtschafteten Flächen fördern die Biodiversität weiter und tragen zu einer abwechslungsreicheren Landschaft bei. Zentral ist, dass die Landwirtschaft mit angepassten Kulturen und Anbautechniken die Biodiversität begünstigt und zum Beispiel dank Nützlingen selbst wieder von der höheren Artenvielfalt profitiert.
Geringerer
Produktionsdruck
Die
«Vision 3-Seen-Land 2050» macht zwei gesellschaftliche Trends aus, welche den Produktionsdruck
auf die bäuerlichen Betriebe dämpfen und ihren Bedarf an Anbauflächen
verringern, ohne den Grad der Selbstversorgung zu schmälern. Erstens will der
Bund die Lebensmittelverluste bis 2030 halbieren. Heute gehen durch Foodwaste in
der Schweiz mehr als 30 Prozent aller Nahrungsmittel verloren. Werden
künftig mehr Lebensmittel konsumiert statt nutzlos weggeworfen, bleibt mehr
Raum für die Natur.
Zweitens ernähren sich hierzulande immer mehr Menschen fleischarm und vegetarisch oder kommen gänzlich ohne tierische Nahrungsmittel aus. Dieser Trend begünstigt den Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Kartoffeln und Getreide für den direkten menschlichen Verzehr. Neue Chancen bieten der einheimischen Landwirtschaft zudem Hülsenfrüchte als Alternative für eine pflanzenbasierte Eiweissversorgung oder Nassreis. Dagegen dürfte sich der Anbau von Futtermitteln für Nutztiere, die auf gleicher Fläche nur etwa einen Fünftel der Nahrungskalorien liefern, rückläufig entwickeln.
Dank dieser Trends kann die Landwirtschaft im 3-Seen-Land in Zukunft auf einer geringeren Fläche weniger intensiv produzieren, ohne ihren Beitrag zur Ernährungssicherheit zu schmälern. Zugleich lassen sich nicht mehr benötigte Äcker für die Gestaltung einer landschaftlich attraktiveren, artenreicheren und feuchteren Landschaft nutzen.
Aktive
Rolle der öffentlichen Hand
Einen
grossen Spielraum für die Umnutzung von Ackerflächen bietet der hohe Landanteil
der öffentlichen Hand in der Region. Auf hunderten von Hektaren bietet sich
hier die Chance für das Zukunftsmodell eines Ackerbaus, der seine Produktion
naturfreundlich ausrichtet und so die Rolle eines ökologischen Gemüsegartens
erfüllt. Auf tiefgründigen Böden würden also – biodiversitätsfördernd
und wassersparend – Nahrungsmittel für den direkten Verzehr produziert.
Hingegen blieben degenerierte Flächen und Moorböden der Natur vorbehalten.
Steuernd eingreifen können Bund, Kantone und Gemeinden zusätzlich mit höheren Direktzahlungen für ökologische Leistungen. Unterstützend wirken auch gezielte Bewirtschaftungsauflagen für das von ihnen verpachtete Land und Subventionen, die Einzelbetrieben bei der Anpassung ihrer Produktion an die neuen Ernährungsmuster helfen.
Hoffnungsvolles Bild der Zukunft
Die
«Vision 3-Seen-Land 2050» zeigt auf, in welche Richtung sich die Region
entwickeln muss und kann, um für aktuelle und kommende Herausforderungen besser
gewappnet zu sein. Dazu gehören speziell die Klimakrise, die Verluste an Biodiversität
und die Zerstörung von fruchtbaren Böden.
Es ist Aufgabe der Politik, die Weichen so zu stellen, dass die Bauernbetriebe natürliche Ressourcen wie Boden und Wasser künftig nachhaltig nutzen und in Einklang mit den ökologischen Anforderungen an eine klimaresiliente Landschaft wirtschaften. Dabei sollen die in der Vision formulierten erweiterten gesellschaftlichen Ziele in die künftigen Planungen im 3-Seen-Land und in eine nachhaltige Bewirtschaftung des Kulturlandes einfliessen.
Bei aller Kritik an den gegenwärtigen Defiziten zeichnet die Vision auch ein hoffnungsvolles Bild der Zukunft. Denn sie entwickelt Strategien, welche die scheinbaren Gegensätze zwischen dem Wohlergehen der Bäuerinnen und Bauern und anderen gesellschaftlichen Ansprüchen auflösen. Die landwirtschaftliche Produktion lässt sich durchaus in Einklang bringen mit den Bedürfnissen nach attraktiven Landschaften, intakten Gewässern, hochwertigem Trinkwasser und artenreichen Lebensräumen. Ein fruchtbares Zusammenleben ist möglich und notwendig.
Ein
Gang in die Sackgasse
Es
gibt Stimmen, die diesen Problemen mit künstlich aufgeschütteten Böden und
einer 3. Juragewässerkorrektion begegnen wollen. Demnach soll künftig die
öffentliche Hand für neue Drainageleitungen und eine flächendeckende
Infrastruktur zur künstlichen Bewässerung aufkommen. Anzapfen möchte man dafür
die Wasserreservoire der drei Jurarandseen und ihrer Verbindungskanäle.Die einst ergiebigen Moorböden verlieren aufgrund ihrer Zersetzung immer weiter an Fruchtbarkeit. Damit ist die Gefahr einer abnehmenden Ertragssicherheit real. Um insbesondere den Anbau von Gemüse besser kontrollieren und saisonal verlängern zu können, verlagern die bäuerlichen Betriebe ihre Produktion vermehrt vom Acker in Gewächshäuser und Folientunnel. Deren Fläche wächst nicht nur am Rand der Siedlungen, sondern auch in der offenen Landschaft.
Hoher
Preis eines intensiven Ackerbaus
Die
bisherige Entwicklung der Landwirtschaft im 3-Seen-Land und ihre Zukunftspläne führen
jedoch in eine Sackgasse. Denn die weiträumige Zerstörung der organischen Böden
ist längst nicht die einzige Fehlentwicklung bei der Ausrichtung dieser Region
auf die Ansprüche der Intensivlandwirtschaft. Auch die verarmte Landschaft, die
ausgeräumten Naturelemente, der alarmierende Verlust an Biodiversität sowie die
kanalisierten und naturfremden Gewässer erweisen sich als gravierende
ökologische Hypotheken. Wegen hoher Belastung des Grundwassers mit Nährstoffen
und Rückständen von Pestiziden lässt sich die in der Schweiz wichtigste Ressource
für die Trinkwasserversorgung vielerorts im 3-Seen-Land nicht mehr nutzen.
Zukunftstaugliches
3-Seen-Land
Weil
das Rezept «Weiter wie bisher» keine nachhaltig tragfähige Option sein kann,
haben die fünf Umweltorganisationen BirdLife Schweiz, Pro Natura, Stiftung
Landschaftsschutz Schweiz, Schweizerischer Fischereiverband sowie der WWF Schweiz
entschieden, gemeinsam ein Zukunftsbild für die Region zu entwerfen. Die nun
vorliegende «Vision 3-Seen-Land 2050» betrachtet neben dem Seeland auch die Flussebenen
der Broye, Orbe und Aare bis zur Grenchner Witi im Grenzgebiet der Kantone Bern
und Solothurn.Typisch für den ausgewählten Perimeter sind die ausgedehnten ehemaligen Flachmoore in den Schwemmebenen der grösseren Seezuflüsse. Sie wurden vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts grossräumig entwässert und in Kulturland umgewandelt. Diese Binnenkorrektion erfolgte derart flächendeckend, dass im Kulturland praktisch keine natürlichen Feuchtgebiete und Moorinseln mehr erhalten blieben.
Zerrbild
des Gemüsegartens
Ausserhalb
der Region wird das Image des Seelands derzeit einseitig vom Bild des nationalen
Gemüsegartens geprägt, für dessen Erhalt und Förderung – im Interesse der Selbstversorgung
und Ernährungssicherheit – alles Denkbare unternommen werden muss. Diese
Aussensicht ist verzerrt, da sie die negativen Auswirkungen der intensiven
ackerbaulichen Nutzung auf Landschaft, Böden, Klima, Gewässer, Pflanzen und Tierwelt
ausblendet. Sie ist auch blind für die Tatsache, dass der Gemüsebau im
3-Seen-Land nur rund 6 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche belegt.
Viel dominanter ist hier der Anbau von Futterpflanzen – wie insbesondere Mais –
für die Nutztierproduktion.
Gefährdung
der Produktionsgrundlagen
Indem
die landwirtschaftliche Praxis wichtige Ökosystemleistungen massiv
beeinträchtigt, gefährdet sie letztlich ihre eigene Produktionsgrundlage. Die
durch Bodenschwund, Wassermangel und Artenverluste sowie Boden-, Luft- und
Wasserverschmutzung verursachten Probleme stellen auf vielen Äckern schon heute
die Produktion von Nahrungsmitteln in Frage.Übergeordnete Ziele wie intakte Gewässer, sauberes Trinkwasser, Klimaschutz, Förderung und Schutz der Biodiversität, Landschaftsästhetik oder touristische Anliegen lassen sich unter den gegebenen Bedingungen nicht erreichen.
Diesen Defiziten ist auch mit extrem kostspieligen technischen Bodensanierungen, neuen Drainagen und Bewässerungsleitungen nicht beizukommen. Damit betreibt man Symptombekämpfung, ohne die Ursachen der Probleme anzugehen.
Ökologie
und Landwirtschaft zusammenbringen
Die
raumgreifenden Aktivitäten der intensiven Landwirtschaft im Projektgebiet lassen
heute nur wenig Platz für anderes. Ohne eine Umverteilung von Flächen lassen
sich die ökologischen Ziele der «Vision 3-Seen-Land 2050» nicht erreichen. Doch
kann dies gelingen, ohne dadurch die einheimische Produktion gesunder
Lebensmittel oder die Einkommen der Bauernbetriebe zu gefährden? Einen gangbaren
Ausweg bietet die Verlagerung des Anbaus auf Nahrungsmittel für den
menschlichen Konsum – anstelle von Futtermitteln. Dadurch und dank dem
Vermeiden von Foodwaste vom Feld bis in die Küche verbessern sich der
Selbstversorgungsgrad und die Ernährungssicherheit. Auf diese Weise können auf
weniger Ackerfläche mehr nutzbare Lebensmittel erzeugt werden. Produziert wird künftig
auf intakten Böden – und zwar so, dass auch die Lebensraumansprüche der
regionalen Zielarten von Flora und Fauna gewahrt bleiben.Die Interessenkonflikte zwischen Natur und Landwirtschaft sind kleiner als man meinen könnte. Langfristig hängen nämlich beide von lebendigen Landschaften, natürlichen Strukturen und Lebensräumen, gesunden Böden und sauberem Wasser ab. Es lohnt sich daher, gemeinsam an Lösungen für die Herausforderungen bei der Bewirtschaftung des Kulturlandes zu arbeiten.
Die «Vision 3-Seen-Land 2050» strebt denn auch eine ganzheitliche Lösung an. Sie soll einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen fördern, neue Formen der Landwirtschaft ermöglichen und Natur, Landschaft sowie intakten Gewässern Rechnung tragen. Dazu braucht es die Kooperation aller Betroffenen und ein gemeinsames, partizipatives Vorgehen.
Wissenschaftliche Bestandsaufnahmen
Grundlage des Projekts bilden fünf
wissenschaftlich fundierte, ausführliche Berichte zu den Themen Wasser, Boden,
Biodiversität, Landwirtschaft und Landschaft von spezialisierten Fachleuten.
Sie zeigen die Probleme in den einzelnen Bereichen und gangbare Lösungsansätze auf.
Aus diesen Teilberichten entstand in einem weiteren Schritt die Synthese der
Vision.Schwerpunkte der Vision bilden folgende Themen: Moorböden und degradierte Flächen werden zur Revitalisierung von Flachmooren und weiteren Feuchtgebieten freigegeben. Fliessgewässer und ihre Auen sind zu renaturieren. Zusätzliche Biotope in Form von Hecken, Tümpeln, blütenreichen Lebensräumen und extensiv bewirtschafteten Flächen fördern die Biodiversität weiter und tragen zu einer abwechslungsreicheren Landschaft bei. Zentral ist, dass die Landwirtschaft mit angepassten Kulturen und Anbautechniken die Biodiversität begünstigt und zum Beispiel dank Nützlingen selbst wieder von der höheren Artenvielfalt profitiert.
Geringerer
Produktionsdruck
Die
«Vision 3-Seen-Land 2050» macht zwei gesellschaftliche Trends aus, welche den Produktionsdruck
auf die bäuerlichen Betriebe dämpfen und ihren Bedarf an Anbauflächen
verringern, ohne den Grad der Selbstversorgung zu schmälern. Erstens will der
Bund die Lebensmittelverluste bis 2030 halbieren. Heute gehen durch Foodwaste in
der Schweiz mehr als 30 Prozent aller Nahrungsmittel verloren. Werden
künftig mehr Lebensmittel konsumiert statt nutzlos weggeworfen, bleibt mehr
Raum für die Natur.Zweitens ernähren sich hierzulande immer mehr Menschen fleischarm und vegetarisch oder kommen gänzlich ohne tierische Nahrungsmittel aus. Dieser Trend begünstigt den Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Kartoffeln und Getreide für den direkten menschlichen Verzehr. Neue Chancen bieten der einheimischen Landwirtschaft zudem Hülsenfrüchte als Alternative für eine pflanzenbasierte Eiweissversorgung oder Nassreis. Dagegen dürfte sich der Anbau von Futtermitteln für Nutztiere, die auf gleicher Fläche nur etwa einen Fünftel der Nahrungskalorien liefern, rückläufig entwickeln.
Dank dieser Trends kann die Landwirtschaft im 3-Seen-Land in Zukunft auf einer geringeren Fläche weniger intensiv produzieren, ohne ihren Beitrag zur Ernährungssicherheit zu schmälern. Zugleich lassen sich nicht mehr benötigte Äcker für die Gestaltung einer landschaftlich attraktiveren, artenreicheren und feuchteren Landschaft nutzen.
Aktive
Rolle der öffentlichen Hand
Einen
grossen Spielraum für die Umnutzung von Ackerflächen bietet der hohe Landanteil
der öffentlichen Hand in der Region. Auf hunderten von Hektaren bietet sich
hier die Chance für das Zukunftsmodell eines Ackerbaus, der seine Produktion
naturfreundlich ausrichtet und so die Rolle eines ökologischen Gemüsegartens
erfüllt. Auf tiefgründigen Böden würden also – biodiversitätsfördernd
und wassersparend – Nahrungsmittel für den direkten Verzehr produziert.
Hingegen blieben degenerierte Flächen und Moorböden der Natur vorbehalten.Steuernd eingreifen können Bund, Kantone und Gemeinden zusätzlich mit höheren Direktzahlungen für ökologische Leistungen. Unterstützend wirken auch gezielte Bewirtschaftungsauflagen für das von ihnen verpachtete Land und Subventionen, die Einzelbetrieben bei der Anpassung ihrer Produktion an die neuen Ernährungsmuster helfen.
Hoffnungsvolles Bild der Zukunft
Die
«Vision 3-Seen-Land 2050» zeigt auf, in welche Richtung sich die Region
entwickeln muss und kann, um für aktuelle und kommende Herausforderungen besser
gewappnet zu sein. Dazu gehören speziell die Klimakrise, die Verluste an Biodiversität
und die Zerstörung von fruchtbaren Böden.Es ist Aufgabe der Politik, die Weichen so zu stellen, dass die Bauernbetriebe natürliche Ressourcen wie Boden und Wasser künftig nachhaltig nutzen und in Einklang mit den ökologischen Anforderungen an eine klimaresiliente Landschaft wirtschaften. Dabei sollen die in der Vision formulierten erweiterten gesellschaftlichen Ziele in die künftigen Planungen im 3-Seen-Land und in eine nachhaltige Bewirtschaftung des Kulturlandes einfliessen.
Bei aller Kritik an den gegenwärtigen Defiziten zeichnet die Vision auch ein hoffnungsvolles Bild der Zukunft. Denn sie entwickelt Strategien, welche die scheinbaren Gegensätze zwischen dem Wohlergehen der Bäuerinnen und Bauern und anderen gesellschaftlichen Ansprüchen auflösen. Die landwirtschaftliche Produktion lässt sich durchaus in Einklang bringen mit den Bedürfnissen nach attraktiven Landschaften, intakten Gewässern, hochwertigem Trinkwasser und artenreichen Lebensräumen. Ein fruchtbares Zusammenleben ist möglich und notwendig.