Mehr Feuchtgebiete und naturnahes Kulturland



Die Trockenlegung des 3-Seen-Landes und eine immer intensivere landwirtschaftliche Nutzung haben die Bestände der in dieser Region ursprünglich heimischen Tier- und Pflanzenarten in den letzten Jahrzehnten stark dezimiert. Um die hier typische Biodiversität zu fördern und zu erhalten, braucht es in der ausgeräumten Agrarlandschaft neue Feuchtgebiete, revitalisierte Gewässer, naturnahe Lebensräume und funktionierende Vernetzungskorridore. Damit die Zielarten des Kulturlandes überleben können, muss sich die Landwirtschaft anpassen und auf weniger Fläche extensiver produzieren.


Weitgehend ausgeräumte Agrarlandschaft in der Broye-Ebene bei Avenches (VD). (Bild: Reportair, Niklaus Wächter)



Durch die deutliche Absenkung der Wasserstände von Neuenburger-, Murten- und Bielersee im Zuge der ersten Juragewässerkorrektion sind im 3-Seen-Land neue Flachufergebiete entstanden. Ufersumpflandschaften wie die Grande Cariçaie, das Fanel oder die St. Petersinsel gehören zu den Flachmooren, Auengebieten und Amphibienlaichgebieten von nationaler Bedeutung. Doch was menschliche Eingriffe hier auf einer Gesamtfläche von rund 20 Quadratkilometern (km2) an wertvollen Lebensräumen geschaffen haben, reicht bei Weitem nicht aus, um die dramatischen Artenverluste in den entwässerten Schwemmebenen von Orbe, Broye, Zihl und Aare auszugleichen.


Schwindende Artenvielfalt

Allein im Grossen Moos hat man etwa 100 km2 ehemalige Moorlandschaften in Kulturland umgewandelt. Als Folge des von der Landwirtschaft verursachten Torfschwunds – teilweise bis auf das Niveau der Seekreide – sind davon inzwischen rund 50 km2 unwiederbringlich zerstört. Durch die grossflächige Entwässerung dieser ehemaligen Feuchtgebiete im Rahmen der verschiedenen Binnenkorrektionen sowie ihre landwirtschaftliche Nutzung sind die früheren Flachmoore, Feuchtwiesen und Auenwälder im 3-Seen-Land weitgehend verloren gegangen. Dies gilt auch für extensiv genutzte Elemente wie Hecken, Ackersäume, blütenreiche Wiesen oder hohle Bäume. Folglich sind auch viele der in solchen Lebensräumen vorkommenden Pflanzen- und Tierarten verschwunden oder sehr selten geworden. Dies betrifft fast alle Amphibienarten, Libellen und Watvögel, aber auch früher sehr häufige Arten wie Feldlerche, Feldhase, Dorngrasmücke oder zahlreiche Schmetterlinge wie etwa den Dunklen Moorbläuling.

Solche Steinhaufen dienen als Lebensräume für Reptilien, Amphibien und Kleinsäuger. (Bild: Anja Fonseka)




Was läuft falsch?

︎ Im 3-Seen-Land fehlen Feuchtgebiete und extensiv genutzte Bereiche der Kulturlandschaft als Lebensräume für die einstmals typischen Pflanzen- und Tierarten.

︎ Die Restbestände an Biotopen sind zu klein und zu fragmentiert, so dass sich keine grossen und langfristig überlebensfähigen Populationen von Zielarten bilden können.

︎ In den verbliebenen Stillgewässern fehlt die für viele Zielarten wichtige Wasserdynamik – also der saisonale Wechsel von trockenen und feuchten Bedingungen.

︎ Der raumplanerisch festgelegte Mindestbestand an Fruchtfolgeflächen im Inland erschwert im Projektgebiet die Revitalisierung von Gewässerlebensräumen entlang der natürlichen Fliessgewässer und Kanäle.

︎ Es mangelt an finanziellen Anreizen für die qualitative Förderung der Artenvielfalt in der Landwirtschaft. Dies gilt vor allem für die Schaffung und Pflege von ausreichend grossen, hochwertigen Biodiversitätsflächen.

︎ Der praktisch flächendeckende Einsatz von Pestiziden und Mineraldüngern schädigt Boden- und Wasserlebewesen sowie die Insekten. Mit dem Rückgang ihrer Populationen gehen auch Nahrungsquellen grösserer Tiere wie Vögel verloren, was die Artenverluste verstärkt.



Grundlage des Lebens

Biodiversität umfasst die Vielfalt verschiedener Ökosysteme, der dort lebenden Arten von Tieren, Pflanzen, Mikroorganismen und Pilzen sowie deren genetische Vielfalt. Ihr Zusammenspiel bildet die Grundlage für das Funktionieren der natürlichen Lebensgrundlagen. Ohne Biodiversität gibt es weder fruchtbare Böden noch sauberes Wasser, Bestäubung oder ein stabiles Klima. Für die Menschheit existenzielle Wirtschaftszweige – wie etwa Landwirtschaft, Ernährung und Wasserversorgung – basieren weitgehend auf einer intakten Biodiversität.

Es ist deshalb paradox, dass die vorwiegend auf eine intensive Produktion ausgerichtete Landwirtschaft im 3-Seen-Land mit ihrem Handeln ausgerechnet die lebenswichtigen Ökosystemleistungen massiv beeinträchtigt, von denen ihr ökonomisches Überleben abhängt.
Damit die Vision zur Realität wird, müssen wichtige Lebensraumtypen wiederhergestellt werden. Dazu gehören auch extensiv genutzte Streuwiesen wie hier in Ried bei Kerzers (FR). (Bild: Anja Fonseka)




Die Vision für mehr Biodiversität

︎ Dank revitalisierten Moorgebieten und einer Renaturierung der Fliessgewässer und ihrer Auen ist das 3-Seen-Land im Jahr 2050 wieder verstärkt durch das Wasser geprägt.

︎ Die aufgewerteten Feuchtgebiete und die übrigen natürlichen Lebensräume in der Kulturlandschaft entsprechen den Bedürfnissen der hier typischen Arten von Flora und Fauna.

︎ Durch den Aufbau einer Ökologischen Infrastruktur sind ausreichend grosse Kerngebiete von wertvollen Lebensräumen, kleinere Biotope und extensiv genutzte Flächen im Kulturland durch Vernetzungskorridore von hoher Qualität miteinander verzahnt.

︎ Die landwirtschaftliche Produktion im gesamten 3-Seen-Land steht im Einklang mit der Förderung und dem Schutz vitaler Populationen von typischen Zielarten. Die Landwirtschaft profitiert von den Ökosystemleistungen der Lebensräume und trägt selbst massgeblich zur Förderung der Biodiversität bei. Dazu wählt sie Kulturen, Bewirtschaftungsmethoden und Fruchtfolgen, welche die Lebensraumbedürfnisse der typischen Kulturlandarten berücksichtigen.



Die Biodiversität im 3-Seen-Land ist auf eine Ökologische Infrastruktur angewiesen. Dazu zählen auch die wertvollen Lebensräume an naturnahen Seeufern wie hier am Bielersee. (Bild: Daniel Bernet)


So wird die Vision zur Realität


Intakte Gewässerdynamik
Entlang von Fliessgewässern werden Auen und die natürliche Wasserdynamik wiederhergestellt. Durch das Stilllegen von Drainagen und Pumpen werden tieftorfige Flächen wieder zu Moorgebieten. Aus Böden, die durch den Torfschwund degradiert sind, entstehen erneut Feuchtlebensräume. Ausreichend grosse Uferbereiche und Pufferzonen ermöglichen auch bei Binnenkanälen und eingedolten Bächen eine Revitalisierung.

Aufbau der Ökologischen Infrastruktur
Die Lebensraumtypen, welche für vitale Bestände der im Projektgebiet typischen Zielarten erforderlich sind, werden ausreichend wiederhergestellt. Kerngebiete mit ökologischen Pufferzonen und Vernetzungskorridoren bilden zusammen ein funktionierendes Grundgerüst der Ökologischen Infrastruktur.

Fördermassnahmen in der Landwirtschaft
In Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Schulen und innovativen Bauernbetrieben werden biodiversitätsfreundliche Anbaumethoden entwickelt und umgesetzt. Die öffentliche Hand fördert Bewirtschaftungsmethoden, die den Zielarten der Kulturlandschaft den Aufbau vitaler Populationen ermöglichen. Ausgerichtet auf die Ansprüche von Flora und Fauna erfolgt eine Professionalisierung der Pflege und Nutzung von Naturräumen und Schutzgebieten.


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