Naturnahe Gewässer trotzeN dem Klimawandel



Die ökologische Qualität der Oberflächengewässer im 3-Seen-Land ist schlecht. Bäche und Flüsse sind begradigt und fliessen meist durch naturfremde Gerinne. Abseits der drei Jurarandseen kommen Stillgewässer fast nur in Form von naturfeindlichen Entwässerungskanälen vor. Doch es gibt Auswege: Renaturierungen von Bächen und Kanälen, die Ausscheidung von funktionierenden Gewässerräumen, mehr Feuchtgebiete und ein Umdenken beim Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln helfen, das 3-Seen-Land besser für den Klimawandel zu wappnen.


Kleingewässer im Landwirtschaftsgebiet des 3-Seen-Landes sind oft zu unnatürlichen Abflusskanälen verkommen, die übermässig mit Pestiziden und Nährstoffen belastet sind. In Trockenzeiten werden sie zudem für die künstliche Bewässerung angezapft. (Bild: Beat Jordi)


Die Korrektion der Juragewässer gilt landesweit als eine der grossen Ingenieurleistungen. Sie hat das Seeland weitgehend von den früher wiederkehrenden Überschwemmungen befreit. Zum Schutz vor Hochwasser hat man die Seespiegel abgesenkt, die Aare umgeleitet und die Fliessgewässer zwischen Murten-, Neuenburger- und Bielersee zu leistungsfähigen Verbindungskanälen erweitert. Die Eingriffe schufen im Grossen Moos und in den Flussebenen von Broye, Orbe und Aare auch die Grundlage für die anschliessende Trockenlegung der Moorlandschaften und Feuchtgebiete. Aus heutiger Sicht ist diese sogenannte Binnenkorrektion mit der Umgestaltung des 3-Seen-Lands in eine Produktionslandschaft aber zu weit gegangen. So leidet die Artenvielfalt in der einst vom Wasser dominierten Landschaft unter der fast vollständigen Kultivierung durch den intensiven Ackerbau. Die heutige Bewirtschaftung führt zudem zu einem starken Torfabbau in den Böden. Sie beeinträchtigt das Landschaftsbild und schadet den Oberflächengewässern. Diese sind heute weit von ihrem natürlichen Zustand entfernt und ihre Wasserqualität ist schlecht.

Einträge von Pestiziden und Nährstoffen beeinträchtigen die Wasserqualität. Die gesetzlichen Grenzwerte werden oft um ein Vielfaches überschritten, was regelmässig zu Fischsterben führt. (Bild: AWA Bern)




Was läuft falsch?

︎ Fast alle Oberflächengewässer sind begradigt, verbaut, kanalisiert oder ganz verschwunden. Viele kleinere Bäche hat man unsichtbar in unterirdische Rohre verbannt, Tümpel und Teiche aufgefüllt. Im Kulturland gingen viele Feuchtstellen und Moore verloren.

︎ Einträge von Pestiziden und Nährstoffen beeinträchtigen die Wasserqualität stark. In Bächen, Kanälen, Stillgewässern, Flüssen und Seen werden die gesetzlichen Grenzwerte oft um ein Vielfaches überschritten. Die Schadstoffe stammen überwiegend aus der konventionellen Landwirtschaft.

︎ Die früheren Moorflächen und Feuchtstellen im 3-Seen-Land sind künstlich entwässert. Durch den Bau von Drainagen, Kanälen und Pumpwerken ist das Gebiet heute unnatürlich trocken.

︎ Ohne steuernde Planung wird den Fliessgewässern und Seen in unbekannter Menge Wasser für die Bewässerung entnommen.



Zwingende Anpassung an den Klimawandel

Angesichts eines heisseren und trockeneren Klimas muss die Landschaft mehr Wasser speichern können. Dazu braucht es möglichst widerstandsfähige und damit naturnahe Gewässer, deren Auen Wasser über längere Zeit zurückhalten. Doch die dazu erforderlichen Revitalisierungen von Bächen, Kanälen, Flüssen und Seeufern werden durch Flächenkonflikte erschwert und verzögert.

Bei der Anpassung an den Klimawandel setzt die Landwirtschaft bisher vorwiegend auf mehr Bewässerung. Es besteht weder eine kantonsübergreifende Koordination der Projekte, noch kennt man die Folgen der Wasserentnahmen für die Seen und ihre Ökosysteme in Trockenzeiten. Der Wasserbedarf lässt sich jedoch auch durch eine angepasste Bewirtschaftung mit schonender Bodenbearbeitung und dem Anbau von Kulturen und Sorten steuern, die weniger Wasser benötigen oder gegenüber Trockenheit resistent sind. Solche Anpassungen sind zwingend, denn als Folge der Klimakrise kann den Gewässern künftig vor allem während der Hauptvegetationsperiode von April bis September weniger Wasser entnommen werden.

Dieser Rückgang ist bereits bei der Planung von Anlagen zur Bewässerung zu berücksichtigen. Aber für solche Vorhaben fehlt es bisher an Koordination. Es mangelt an Daten zu bewässerten Flächen und zu den eingesetzten Wassermengen. Neue Bewässerungsprojekte drohen unkoordiniert umgesetzt zu werden – ohne Rücksicht auf ihre kumulierten Wirkungen auf Natur und Gewässer.
Renaturierte Gewässer – hier ein Feuchtbiotop im Epsenmoos bei Walperswil (BE) – schaffen qualitativ hochstehenden Lebensraum für bedrängte Arten. (Bild: Anja Fonseka)




Die Vision für ein feuchteres 3-Seen-Land

︎ Revitalisierte Flussauen und lebendige Bäche prägen die Gewässerlandschaft.

︎ Bäche, Flüsse und Stillgewässer sind konsequent vor Verschmutzungen geschützt.

︎ Tieftorfige Moorböden sind wieder artenreiche Feuchtgebiete.

︎ Die wiederbelebten Moor- und Feuchtgebiete schaffen die Grundlage für naturnahe Gewässer, eine hohe Wasserqualität, artenreiche Lebensräume und eine feuchtere Landschaft.

︎ Die Wasserressourcen der Region werden effizient und gewässerschonend genutzt. Dies gilt insbesondere für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Kulturen.



Damit weniger Schadstoffe in Bäche, Flüsse und Kanäle gelangen, müssen entlang der Fliessgewässer funktionierende Gewässerräume ausgeschieden werden. (Bild: Anja Fonseka)


So wird die Vision zur Realität


Weniger Schadstoffe
Bäche, Flüsse und Seen sind nicht mehr mit Pestiziden belastet. Im Minimum werden die gesetzlichen Grenzwerte für Pestizide, Nitrat und Phosphat eingehalten. Zum Schutz vor diesen Schadstoffen sind entlang der Kanäle und übrigen Fliessgewässer funktionierende Gewässerräume ausgeschieden.

Lebendige Gewässer
Damit die Landschaft auch in einem wärmeren Klima genügend Feuchtigkeit zurückhalten und mehr Raum für bedrängte Arten bieten kann, sind Flüsse und Auen aufzuwerten. So können sie Wasser speichern und qualitativ hochstehenden Lebensraum schaffen. Die grossen Seen und ihre ökologisch wertvollen Übergangsbereiche zwischen Wasser und Land sollen intakt sowie vor übermässiger Nutzung und Belastung geschützt sein.

Neue Feuchtgebiete
Gebiete mit noch vorhandenen tieftorfigen Moorböden und degradierte Böden werden wiedervernässt und entwickeln sich zu feuchten Biodiversitätsflächen, Mooren oder Stillgewässern. Häufig überflutete Flächen können zum Beispiel als extensiv genutztes Weideland dienen.

Effizientere Wassernutzung
Im Interesse einer möglichst effizienten Nutzung der beschränkten Wasserressourcen werden nur noch geeignete Flächen bewässert und Kulturen angebaut, die der Trockenheit angepasst sind. Die Bewässerung mit möglichst wassersparenden Techniken beschränkt sich auf pflanzliche Lebensmittel.


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