Die Klimakrise verlangt grosse Anpassungen



Gemäss den Prognosen der Klimawissenschaft werden Wetterextreme deutlich zunehmen. Insbesondere Starkregen und vermehrte Trockenheit stellen das 3-Seen-Land vor neue Herausforderungen. Gefragt sind deshalb Lösungen, welche die Widerstandsfähigkeit der Region gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise erhöhen. Dazu muss die Landschaft wieder feuchter und strukturreicher werden. Zudem braucht es eine klimafreundliche landwirtschaftliche Bewirtschaftung, die Sorge zu den Böden trägt und die Biodiversität fördert.


Können revitalisierte Auen und Moore mehr Wasser zurückhalten, staut es sich weniger auf den Feldern. (Bild: Bieler Tagblatt/nic)


Wie gravierend sich die Klimakrise im 3-Seen-Land auswirkt, haben die vergangenen Jahre deutlich gezeigt: Entweder fiel überdurchschnittlich viel Regen oder es war über Wochen oder gar Monate aussergewöhnlich heiss und trocken. Was die Menschen im Seeland aus eigener Anschauung kennen, stimmt mit den Voraussagen der Klimawissenschaft überein: Extremereignisse wie längere Trockenphasen und Perioden mit intensiven Niederschlägen nehmen weiter zu.

Die Klimakrise verschärft die Extreme

Künstlich trockengelegte Landschaften sind besonders anfällig für hohe Temperaturen und Trockenheit. Dadurch werden bereits bestehende Herausforderungen verschärft. Die Drainageleitungen im 3-Seen-Land sind überaltert und die Bewässerung ist oft ineffizient.

Als Folge der Klimakrise verlangt die Landwirtschaft nach immer mehr Wasser. Modellberechnungen zeigen, dass der Bewässerungsbedarf im Berner Seeland ohne wirksame Klimaschutzmassnahmen bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 40 Prozent zunehmen könnte. Generell ist jedoch mit einer Verknappung der Wasserressourcen zu rechnen. So erwarten Fachleute, dass die durchschnittlichen Abflussmengen selbst in der Aare bis 2060 um die Hälfte zurückgehen. In Trockenjahren ist ein solcher Rückgang allerdings schon heute festzustellen, wie etwa die rekordtiefen Abflussmengen der Aare im Sommer und Herbst 2022 gezeigt haben. Genau in solchen Trockenphasen ist die heute praktizierte Landwirtschaft aber auf die künstliche Bewässerung angewiesen. Entsprechende Planungen müssen folglich darauf ausgelegt werden, dass in der Aare und in den Seen deutlich weniger Wasser verfügbar ist.

Als Folge der beschleunigten Klimaerwärmung wird die Nachfrage nach landwirtschaftlicher Bewässerung weiter zunehmen. (Bild: Bieler Tagblatt/mc)



Was läuft falsch?

︎ Die intensive ackerbauliche Bewirtschaftung der Moorböden führt unvermeidlich zu Torfabbau und verursacht klimaschädigende Emissionen. Je wärmer und trockener das Klima ist, desto schneller erfolgt der Torfabbau.

︎ Der Humusabbau führt insbesondere auf organischen Böden zu hohen CO2-Emissionen. Eine durchschnittliche Bodensackung von 1 cm pro Jahr setzt im 3-Seen-Land zirka 125'000 Tonnen CO2-Äquivalente frei. Dies entspricht 0,27 Prozent aller in der Schweiz ausgestossenen Treibhausgase.

︎ Die intensive Landwirtschaft fördert die Zersetzung und Absenkung von Ackerböden, was zunehmend zu Vernässungen führt. Dürreperioden und Starkniederschläge verschärfen die Probleme auf diesen Böden weiter.

︎ Die Klimakrise gefährdet das Leben in den Gewässern, denn Bäche und Flüsse werden wärmer, ihre Schadstoffkonzentrationen steigen und im Extremfall trocknen sie ganz aus.

︎ Die Anpassung der Landwirtschaft an die Klimakrise fokussiert fast ausschliesslich auf die Beschaffung von zusätzlichem Wasser. Sie ist bisher unzureichend an Wetterextreme angepasst.



Fehlende Widerstandsfähigkeit

Das heutige 3-Seen-Land ist nicht widerstandsfähig genug. Damit es klimaresilient wird, braucht es feuchte und schattenspendende Landschaftselemente, die besser vor Austrocknung und Überhitzung schützen. Eine feuchtere und artenreiche Landschaft kommt auch den bäuerlichen Betrieben zugute, wobei höhere Grundwasserstände die verbleibenden Moorböden vor einer weiteren Absenkung bewahren.
Künstlich trockengelegte Landschaften wie im 3-Seen-Land sind besonders anfällig für hohe Temperaturen und Trockenheit. (Bild: Reportair, Niklaus Wächter)




Die Vision für ein klimaverträgliches 3-Seen-Land

︎  Die Region verursacht möglichst wenig Treibhausgase. Dies gilt auch für die landwirtschaftliche Nutzung der Böden.

︎ Die landwirtschaftliche Produktion stellt sich auf die veränderten Bedingungen der Klimakrise ein. Sie passt ihre Produktepalette an, fördert den Humusaufbau und beschränkt sich auf eine gezielte, effiziente Bewässerung.

︎ Durch gezielte Wiedervernässungen wird möglichst viel Torf erhalten. Revitalisierte Torfböden übernehmen wichtige natürliche Funktionen als Lebensräume, CO2-Senken und Wasserspeicher.

︎ Dank der wiederbelebten Moore und der Revitalisierung von Fliessgewässern und ihren Auen ist die Landschaft wasserhaltiger, klimaresilienter, vielfältiger, lebendiger und nicht zuletzt produktiver.



Die Revitalisierung des Hagneckkanals hat in den letzten Jahren neue Lebensräume für eine Vielzahl bedrohter Arten geschaffen. (Bild: Anja Fonseka)


So wird die Vision zur Realität

Angepasste Bewirtschaftung
Die Landwirtschaft passt sich mit ihren Anbaumethoden, bei der Bodenbearbeitung sowie bei der Wahl ihrer Kulturen und Sorten an Wetterextreme wie Trockenheit an. Ziel ist es, auch unter wärmeren und trockeneren Bedingungen eine gute Wertschöpfung zu erzielen – möglichst ohne zusätzliche Bewässerung. Ein regenerativer Anbau von Gemüse, Obst, Leguminosen und weiteren Ackerfrüchten, der auf Misch- oder Etagenkulturen setzt, ist wesentlich weniger auf Bewässerung angewiesen.

Lokale Wasserspeicher
Damit bei Trockenheit im Bedarfsfall genügend Wasser vorhanden ist, müssen lokale Bewässerungssysteme optimiert und weitgehend die Tropfbewässerung eingeführt werden. Lokal gilt es, Wasserspeicher oder Speicherteiche zu installieren. Dadurch lassen sich Nutzungskonflikte vermindern.

Revitalisierungen
Der Belastung der Gewässer durch die Klimakrise lässt sich am besten durch Revitalisierungen und die Wiederherstellung von funktionierenden Auen begegnen, die Wasser zurückhalten. Jeder revitalisierte Flussabschnitt, jeder ausgedolte Bach, jede Moor- oder Feuchtfläche, jede Hecke, jeder Wald verbessert die Resilienz.

Schutz des Grundwassers
Grundwasser wird in der Klimakrise eine noch höhere Bedeutung für die Trinkwasserversorgung erhalten. Es muss daher konsequent und dauerhaft vor Verschmutzung bewahrt werden.


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