Die erforderliche Anpassung bietet Chancen



Die von einem intensiven Ackerbau dominierte Landwirtschaft im 3-Seen-Land steht an einem Scheideweg. Sie beruht in erheblichem Mass auf der nicht nachhaltigen Bewirtschaftung von schwindenden Torfböden. Auf rund der Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche konkurrenzieren Futtermittel für Tiere die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln für den menschlichen Konsum. Langfristig hat die Branche in der Region nur eine Zukunft, wenn sie ihre Kulturen, Tierbestände und Tierarten sowie die Art der Bewirtschaftung den veränderten Klimabedingungen und Konsummustern anpasst und vermehrt mit Rücksicht auf Biodiversität und Wasserqualität produziert.



Das 3-Seen-Land gilt als «Gemüsekammer der Schweiz». Doch der Anbau von Futtermitteln – wie Mais für Nutztiere – ist flächenmässig viel bedeutender als die Produktion von Nahrungsmitteln für den menschlichen Konsum. (Bild: Anja Fonseka)


Die Landwirtschaft belegt im 3-Seen-Land fast 70 Prozent der unversiegelten Flächen. Der stark dominierende Ackerbau mit Getreide, Hackfrüchten und Gemüsekulturen lässt in der einst vom Wasser dominierten Landschaft kaum Raum für anderes. So zerstört die mehrheitlich intensive landwirtschaftliche Nutzung des Gebiets die Torfböden, setzt dadurch Treibhausgase frei, belastet Oberflächengewässer und Grundwasser mit Pestiziden, schadet der Artenvielfalt und beeinträchtigt mit abgedeckten Feldern und grossen Gewächshäusern das Landschaftsbild.

Die eindimensionale Ausrichtung der Region auf die Herstellung von Agrargütern untergräbt jedoch nicht nur lebenswichtige Ökosystemleistungen, sondern gefährdet auch die Produktionsgrundlage der bäuerlichen Betriebe. Der hohe Preis für die Nutzbarmachung der einstigen Feuchtgebiete sind um bis zu 2 Meter abgesackte Torfböden, verdichtete und vernässte oder ausgetrocknete Äcker und fehlende Nützlingspopulationen. All dies geht auf Kosten der Ertragssicherheit.

Gewächshäuser und Bewässerungsrohre prägen das Erscheinungsbild einer zunehmend industrialisierten Landwirtschaft. (Bild: Anja Fonseka)




Was läuft falsch?

︎ Der intensive Ackerbau zerstört die Moorböden.

︎ Die intensive Landwirtschaft geht auf Kosten von Naturelementen wie Hecken, Tümpeln sowie extensiv genutzten Flächen und gefährdet die Artenvielfalt. Einst häufige Kulturlandarten sterben aus. Damit gehen auch Ökosystemleistungen für die Landwirtschaft verloren.

︎ Die künstlich trockengelegten und verdichteten Ackerböden verfügen über eine ungenügende Fähigkeit Regenwasser zu speichern. Sie sind anfällig gegenüber Trockenheit, während das Wasser nach Niederschlägen auf den Feldern stehen bleibt.

︎ Der heutige Pflanzenbau ist nicht an die Trockenheit angepasst und verlangt nach einer grossflächigen Bewässerung.

︎ Der Anbau von Futtermitteln für die Tierproduktion – wie insbesondere Mais – auf etwa der Hälfte des Ackerlandes konkurrenziert die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr. Im «Gemüsegarten der Schweiz» werden nur auf 6 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Gemüsekulturen angebaut.

︎ Pestizide und Mineraldünger beeinträchtigen die wenigen verbliebenen naturnahen Lebensräume sowie die Gewässer und Trinkwasservorkommen.

︎ Folientunnel und Treibhäuser belasten das Landschaftsbild.

︎ In der Schweiz geht zudem etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Produkte in den verschiedenen Stufen der Nahrungsmittelkette als Foodwaste verloren.



Anpassung als Chance

Die erklärte Politik des Bundes, Lebensmittelverluste durch Foodwaste bis 2030 zu halbieren sowie der gesellschaftliche Trend hin zu gesünderen und vermehrt pflanzlichen Lebensmitteln vermindern den Produktionsdruck im Ackerbau und damit auch den Bedarf an Anbauflächen. Dadurch können die bäuerlichen Betriebe künftig auf geringerer Fläche gleich viele oder höhere Kalorienmengen erzeugen. Dank der Umstellung auf Labelprodukte wie IP Suisse und Bio, Einsparungen an Mineraldünger und Pestiziden sowie der Ausrichtung auf neue Konsumtrends ist eine höhere Wertschöpfung möglich.
Landwirtschaftlich genutzte Böden ohne schützende Vegetationsdecke sind anfällig für die Auswaschung von Schadstoffen ins Grund- und Trinkwasser. (Bild: Anja Fonseka)




Die Vision für eine nachhaltigere Landwirtschaft

︎ Die bäuerlichen Betriebe im 3-Seen-Land wirtschaften standortangepasst, ressourceneffizient und mit Rücksicht auf die typischen Kulturlandarten wie Feldlerche, Grauammer, Kiebitz oder Feldhase.

︎ Sie erzeugen primär pflanzliche Produkte, die sich für die menschliche Ernährung eignen.

︎ Durch eine bessere Kultur- und Sortenwahl sowie schonende Anbaumethoden – wie etwa Direktsaat, Permakultur und Agroforstwirtschaft – passt sich die Landwirtschaft der Klimakrise mit ihren häufigeren Wetterextremen an.

︎ Die Vermeidung von Foodwaste und eine Anpassung an veränderte Konsummuster mindern den Produktionsdruck in der Landwirtschaft. Sie kann auf deutlich weniger Fläche gleich viele oder sogar mehr Nahrungskalorien erzeugen und eine gute Wertschöpfung erzielen.

︎ Auf Torfböden und degradierten Äckern Flächen können neue Feuchtgebiete und extensiv genutzte Flächen entstehen.

︎ Dank den Ökosystemleistungen der Ökologischen Infrastruktur braucht es weniger chemische Hilfsmittel.

︎ Die Produktion auf den landwirtschaftlichen Flächen erfolgt so, dass sie mit den Lebensraumansprüchen der für die Landschaft typischen Arten in Einklang steht. Mit der Zeit werden die grossen Bestände an Nützlingen wiederum die umweltschonende landwirtschaftliche Bewirtschaftung unterstützen. Dadurch lässt sich der Einsatz von chemischen Hilfsmitteln minimieren.




Damit die Vision zur Realität wird, müssen die Nutztierbestände dem Futterangebot angepasst werden. Wiederkäuer werden mit Gras aus der Region gefüttert – wie hier im Epsensmoos bei Walperswil (BE). (Bild: Anja Fonseka)


So wird die Vision zur Realität

Angepasste Tierbestände
Der Umfang der Nutztierbestände richtet sich nach dem Futterangebot im Projektgebiet. Wiederkäuer werden mit Gras aus der Region gefüttert. Die Nahrung der Legehennen besteht vorwiegend aus Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung.

Ressourceneffizienter Ackerbau
Der Ackerbau erfolgt bodenschonend und dient dem Anbau von Kulturen – wie Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse – für den menschlichen Verzehr.

Förderung der Biodiversität
Degradierte, abgesunkene Ackerflächen sowie die tieftorfigen Moorböden werden als Fruchtfolgeflächen aufgegeben und wiedervernässt. Damit lässt sich die verbleibende organische Bodensubstanz erhalten. Die Landwirtschaft fördert und schützt die Artenvielfalt durch vermehrte extensive Nutzungen, eine angepasste Bewirtschaftung des Kulturlandes und eine deutliche Reduktion des Einsatzes von Pestiziden und Mineraldünger.

Anpassung an die Klimakrise
Diversifizierte Kulturen und die Kombination verschiedener Sorten mit unterschiedlichen Bedürfnissen federn das Risiko von extremen Wetterverhältnissen ab. Die Bewässerung beschränkt sich auf Sommerkulturen für den menschlichen Konsum. Zur Schonung der Wasserressourcen werden vermehrt Winterkulturen angebaut, die ohne Bewässerung auskommen.

Aktive Rolle der öffentlichen Hand
Die Standortkantone und Gemeinden übernehmen Verantwortung und stellen ihre Landwirtschaftsbetriebe und Pachtflächen konsequent im Sinne der Vision um.

Staatliche Unterstützung
Bund, Kantone und Gemeinden fördern die gewünschte Neuausrichtung mit Direktzahlungen, Investitionen und Förderbeiträgen.


Vision      Themen      Medien      Kontakt


Unsere Partner